Stille Zeugen im Wald: Der Jüdische Friedhof bei Burgkunstadt
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Der Besuch eines jüdischen Friedhofs ist immer eine Begegnung mit der Geschichte – ein Ort der Ruhe, des Gedenkens und der tiefen Verwurzelung einer Gemeinschaft, die heute größtenteils fehlt. Im Waldgebiet unweit von Burgkunstadt, oft verborgen unter dem Schatten alter Bäume, liegt ein solcher Ort: der Jüdische Friedhof von Burgkunstadt. Die örtliche jüdische Bevölkerung nannte ihn respektvoll den „Guten Ort“ (Bet Olam).
Ein Ort der Ewigkeit und des Gedenkens
Der Friedhof liegt etwa einen Kilometer nördlich des Stadtzentrums am Ebnether Berg im Wald. Er wurde bereits um 1620 angelegt und gehört mit seiner Fläche von fast und seinen rund 2.000 erhaltenen Grabsteinen zu den zehn größten geschlossenen jüdischen Friedhöfen in Bayern.
Er diente nicht nur der jüdischen Gemeinde von Burgkunstadt selbst, sondern war über Jahrhunderte hinweg die zentrale Begräbnisstätte (Distriktsrabbinat) für Juden aus einem weiten Einzugsbereich, darunter Altenkunstadt, Lichtenfels (bis 1840), Weismain, Friesen und Kronach. Die teils jahrhundertealten Grabsteine (Mazewot), mit ihren hebräischen und später auch deutschen Inschriften, sind faszinierende Zeugen der Zeit. Sie erzählen in ihrer architektonischen Vielfalt Geschichten von Händlern, Gelehrten und Familien, die einst das Leben in der Region prägten.
Die Jüdische Geschichte in Burgkunstadt
Jüdisches Leben in Burgkunstadt ist bereits für das späte Mittelalter belegt. Die Gemeinde etablierte sich fest im 17. und 18. Jahrhundert, wobei die meisten jüdischen Bewohner zunächst als sogenannte „Schutzjuden“ in der Unterstadt lebten.
Die Gemeinde verfügte über alle notwendigen Einrichtungen:
- Synagoge: Erstmals im 15. Jahrhundert urkundlich erwähnt, befand sie sich an der Kulmbacher Straße. Das Gebäude wurde in der Pogromnacht 1938 nicht angezündet, aber an die Stadt „verschenkt“ und kurz darauf abgerissen.
- Schule und Mikwe: Die Gemeinde besaß eine eigene israelitische Schule und eine Mikwe (rituelles Tauchbad), was auf ein blühendes, eigenständiges Gemeindeleben hindeutet.
Die jüdischen Bürger spielten eine wichtige Rolle im Handel, insbesondere im Viehhandel und im Kleinhandel. Mit einem zeitweise auf über 30 Prozent gestiegenen Bevölkerungsanteil war Burgkunstadt lange Zeit ein bedeutendes jüdisches Zentrum am Obermain.
Der Niedergang und die Shoah
Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sank die Zahl der Gemeindemitglieder durch Migration in größere Städte oder in die USA.
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten fand das jüdische Leben in Burgkunstadt ein jähes Ende. Die letzten verbliebenen jüdischen Einwohner wurden im April bzw. November 1942 deportiert. Die letzte Bestattung auf dem Friedhof fand 1942 statt (Jette Lamm), jedoch erhielt sie keinen Grabstein mehr.
Heute steht der Jüdische Friedhof als Mahnmal gegen das Vergessen. Die Stille und Isolation des Ortes machen das Schicksal der einst blühenden Gemeinde auf eindringliche Weise spürbar.
Fotografen-Ecke
Als Fotograf, der meine Arbeit den Bereichen Natur und Architektur widmet, bietet dieser Friedhof eine unglaublich reiche und tiefgründige Motivwelt. Hier teile ich meine Überlegungen, wie man diesen magischen Ort visuell erschließt:
- Beste Lichtverhältnisse: Ich nutze gerne die Stunden des frühen Morgens oder späten Nachmittags, wenn das Licht weich und diffus einfällt, um die Texturen der Grabsteine optimal hervorzuheben.
- Stativ mitnehmen: Wichtig für längere Belichtungszeiten im schattigen Wald und zur gestochen scharfen Erfassung feiner Details (Inschriften, Symbole).
- Weitwinkel- und Makroobjektiv: Das Weitwinkel nutze ich für die architektonische Darstellung der Grabsteinreihen. Das Makro-Objektiv ist unerlässlich für die Erfassung von Verwitterung, Moosen und hebräischen Symbolen.
- Wetter/Jahreszeit nutzen: Ich suche gezielt nach Nebel und fotografiere im Herbst. Diese Stimmungen verstärken die geheimnisvolle und melancholische Atmosphäre des Ortes, und die Herbstfarben ergänzen die steinernen Monumente.
Wichtiger Hinweis: Die Ethik des Ortes („Bet Olam“)
So faszinierend die Motive auch sind, wir sind als Besucher auf einem Heiligtum, einem sogenannten „Guten Ort“ (Bet Olam). Der oberste Grundsatz ist Respekt:
- Kein Betreten: Bitte betrete niemals Grabplatten oder Grabmale. Die Bewegung erfolgt ausschließlich in den Zwischenräumen und auf Wegen.
- Nichts verändern: Der natürliche Zustand des Friedhofs ist Teil seiner Würde und Geschichte. Bitte verändere keine Szenerie, indem du Äste, Laub oder Gegenstände für Fotos beiseiteräumst.
- Kippa/Kopfbedeckung: Auch wenn du nicht jüdischen Glaubens bist, ist das Tragen einer Kopfbedeckung (Kippa, Mütze) auf jüdischen Friedhöfen ein Zeichen des Respekts.
- Ein kleiner Stein als Gruß: Auf jüdischen Friedhöfen werden traditionell kleine Steine auf die Grabsteine gelegt – ein stilles, kulturelles Zeichen der Erinnerung und des Besuchs.