Oder: Warum Grau alles andere als langweilig ist
Viele denken, Fotografie funktioniert nur bei Sonnenschein. Doch wer mit der Kamera unterwegs ist, weiß: Gerade schlechtes Wetter bietet oft die spannendsten Momente. Ich liebe es, wenn das Licht weich wird, der Himmel dramatisch grau aussieht und sich das Bild schon beim Fotografieren mit Stimmung füllt.
Weiches Licht statt harter Schatten
An bewölkten Tagen ist das Licht diffus – die Sonne versteckt sich hinter den Wolken und wirkt wie eine riesige Softbox. Perfekt für Porträts, Details oder Landschaften. Es gibt keine harten Kontraste, keine ausgebrannten Flächen, keine tiefen Schatten. Alles wirkt ruhiger, oft sogar poetisch. Ich persönlich nutze diese Bedingungen gern, um natürliche, stimmungsvolle Fotos zu machen – ohne künstliche Lichtquellen.
Dramatik am Himmel
Ein dunkler, aufziehender Himmel kann mehr Ausdruck in ein Bild bringen als ein blauer Sommertag.
Wenn Wolken tief hängen oder der Wind sie schnell bewegt, entsteht eine besondere Spannung.
Genau das liebe ich: diese visuelle Dramatik, die man bei „Postkartenwetter“ oft vergeblich sucht.
Schwarz-Weiß bei Schlechtwetter – Reduktion auf das Wesentliche
Regenwetter, Nebel oder bedeckter Himmel bieten oft perfekte Voraussetzungen für ausdrucksstarke Schwarz-Weiß-Fotografie. Durch den fehlenden Farbenreiz wirkt das Bild konzentrierter – Linien, Strukturen und Kontraste treten in den Vordergrund. Besonders bei trübem Licht entstehen Bilder mit ruhiger, fast melancholischer Wirkung. Ich nutze solche Tage gern, um Motive bewusst reduziert darzustellen: eine einzelne Person mit Schirm, spiegelnde Straßen, oder Bäume im Nebel entfalten in Schwarz-Weiß oft eine ganz besondere Kraft. Auch in der Nachbearbeitung lassen sich Grautöne fein nuancieren – und aus einem scheinbar grauen Moment wird ein zeitloses Bild.
Bildbearbeitung bringt die Stimmung noch mehr raus
In der Nachbearbeitung verstärke ich gezielt das, was die Kamera eingefangen hat.
Ein bisschen mehr Kontrast, ein gezielter Farbakzent oder eine Betonung der Tiefen – und plötzlich erzählt das Bild eine Geschichte.
Gerade bei trübem Licht lässt sich mit Lightroom oder anderen Programmen sehr viel aus einem scheinbar „unspektakulären“ Foto herausholen.
Regentage zur Erkundung nutzen
Auch wenn das Wetter nicht perfekt ist, lohnt sich der Blick durch den Sucher – besonders bei Städtereisen oder neuen Fotospots.
Ich nutze solche Tage gern, um Orte in Ruhe zu erkunden, Lichtverhältnisse zu beobachten und Bildideen zu testen.
Dabei entstehen oft schon erste stimmungsvolle Aufnahmen – und beim nächsten Besuch weiß ich genau, wo und wann das Licht ideal ist.
Bildideen für draußen bei schlechtem Wetter
Wenn du selbst bei Regen, Nebel oder grauem Himmel losziehen möchtest – hier ein paar Anregungen:
- Pfützen-Spiegelungen: Gebäude, Menschen oder Bäume im Wasser – oft spannender als das Originalmotiv.
- Einzelne Personen mit Schirm in der Stadt oder auf einem Feldweg – sehr ausdrucksstark.
- Nebel im Wald: Verleiht Tiefe, reduziert auf Formen – fast wie eine Bühnenkulisse.
- Felder mit dunklen Wolken im Hintergrund – besonders schön mit Lichtblicken am Horizont.
- Nahaufnahmen von Regentropfen auf Blättern, Blüten oder Spinnennetzen.
- Straßen bei Regen mit Lichtreflexen – vor allem abends oder früh morgens.
Fazit: Geh raus, auch wenn’s grau ist
Fotografie bedeutet nicht, nur „schöne“ Bedingungen zu suchen – es geht ums Sehen, Erleben und Interpretieren.
Schlechtes Wetter bringt Ruhe, Tiefe und oft Überraschungen mit sich.
Wenn man offen dafür ist, entstehen Bilder, die mehr sagen als nur „schönes Wetter gehabt“.
Probier’s aus – nimm deine Kamera oder dein Handy, zieh die Regenjacke an – und schau, was passiert.
„Man muss mit den Bedingungen arbeiten, die man hat – nicht mit denen, die man gern hätte.“
(Ein Satz, der mich bei jedem Wetter begleitet.)